Jänner 2004: Also saß ich wieder in meiner Wiener Wohnung, um ein weiteres Mal meine Arbeit zu verprassen. Warum ausgerechnet in dieser Stadt ist unbegreiflich, jede andere hätte mich besser genährt. "Der Franz, lasst ihn in Ruh'", sagte Ronnie und war einverstanden für mich die Winterreise zu singen. Diese auswegslose psychische Entwicklung, die der Liederzyklus schildert, wird wohl meine Schubertbilder bestimmen. Ich sagte: "Romantisch-ironische Verzweiflung nennt es die Musikwissenschaft", und dachte an rosa Gummihandschuhe.
Die äußere Ordnung war im "Vormärz" die Bedingung für den inneren Frieden und die Kunst hatte die Aufgabe, die Werte des Privaten und der Intimität zu preisen. Alles andere ließ ein verbeamteter Kulturbetrieb nicht zu und verfolgte jegliche "revolutionäre Umtriebe". Auch Schubert musste miterleben wie sein Freund Senn nach einer Schriften-Visitation für vierzehn Monate in Untersuchungshaft genommen wurde. Angesichts der damaligen Zensur versteckte der Dessauer Dichter Wilhelm Müller seine harsche Kritik an der Restaurationspolitik des Deutschen Bundes hinter einer harmlos scheinenden Heimatlyrik. Aus den beiden Sammlungen der "Waldhornisten-Lieder" von Müller, vertonte Franz Schubert später "Die schöne Müllerin" und "Die Winterreise". Erst zwei Jahrzehnte nach Schuberts Tod kam es durch die Revolution von 1848 zu einer Lockerung der Zensur. Doch markierten die nachrevolutionären Wandlungen auch den Übergang vom Mäzenat zum Markt, der eine Produktion in der Kunst nach sich zog, die der Nachfrage folgen musste.
Oktober 2005: Die Mezzosopranistin Jacqueline Schwarz wird anstelle Ronnies die Winterreise singen, begleitet von Peter Hartwigs elektronischen Modular-Arrangements. "Kein Klischee werde ich auslassen, um in romantisch-ironischer Verzweiflung zu ertrinken", sagte ich zu Jacqueline. Und es kreist bereits eine endlose Traurigkeit durch meine Schubertbilder, wie sie auch durch die Winterreise kreist. In dieser Traurigkeit sind wir scheinbar zuhause und singen sie anerkennend mit. Auch Fitzcarraldo fällt mir ein: "wie ein Schiff auf einen Berg zu ziehen". Das Scheitern am Ende will ich aber ausschließen und suche weiter nach versteckten Wegen, die noch keiner ging (zurück).
"Wunden werden nicht gezeigt", schreibt Jelinek über Schubert. Doch die Narben können wir noch sehen, und jede Narbe ist ein Stück Erinnerung . . .
Das Projekt besteht aus 6 großformatigen Leinwandarbeiten und einer Neu-Interpretation von Schuberts "Winterreise".
Der Liederzyklus "Winterreise" bestimmt die 6 Frauenbildnisse von Robert Resac. Wie in Molltonarten gemalt, schildern sie die auswegslose psychische Entwicklung des Reisenden in einer romantisch-ironischen Verzweiflung ("Die Liebe liebt das Wandern, Gott hat sie so gemacht. Von einem zu dem andern - fein Liebchen, Gute Nacht!").
Zur Ausstellungseröffnung fand ein Konzert statt, in dem zehn Lieder aus der "Winterreise" sowie der Projekttitel "Leise flehen meine Lieder" aufgeführt wurden. Neu interpretiert und arrangiert wurden die Stücke vom Wiener Elektronikmusiker Peter Hartwig, der auch live gemeinsam mit Robert Resac die Mezzosopranistin Jacqueline Schwarz begleitete.
Der Schubert Zyklus ist als Wanderausstellung konzipiert und hatte Februar 2007 in Krakau/Polen seine Premiere. Am 31. Oktober 2007 wurde in Nikosia/Zypern der musikalische Part von "Leise flehen meine Lieder" aufgeführt.
Rückblick, 2006
Öl und Eisenoxyd auf Leinwand, 200 x 150 cm
Die Nebensonnen, 2005
Öl und Eisenoxyd auf Leinwand, 200 x 150 cm
Der Leiermann, 2005
Öl und Eisenoxyd auf Leinwand, 200 x 150 cm